Der Steuermann

Als Steuerberater habe ich die Absicht, möglichst qualifizierte, aber dennoch kritische Kommentare zum politischen Geschehen in Deutschland und der Welt abzugeben. Außerdem schreibe ich über alles, was um mich herum passiert und mir gefällt - oder auch nicht!

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Standort: Frankfurt, Germany

Steuerberater bei einer Big-4-Gesellschaft mit langjähriger internationaler Erfahrung. Halb Deutscher, halb Ire.

Mittwoch, Dezember 29, 2010

Verlustvorträge - und es rauscht im Blätterwald

Die Presse überschlägt sich vor Panik. Die FTD spricht von drohenden Steuerausfällen in Milliardenhöhe, hätten sich in Deutschland doch Verlustvorträge von 1.100 Milliarden (also 1,1 Billionen) Euro bei Unternehmen angesammelt. Ein Ökonom der FU Berlin wird mit den Worten zitiert, ein Wegfall der sogenannten Mindestbesteuerung könnte bedeuten, dass Firmen auf sechs Jahre keine Steuern mehr zahlen würden.
Nun ja.
Ich will an dieser Stelle nicht abermals auf Sinn und Unsinn der Mindestbesteuerung eingehen, aber eines muss ich tun: Diesen hanebüchenen Blödsinn richtigstellen.

Erstens: Die Addition der Verlustvorträge ist Unsinn. Es handelt sich um ca. 500 Milliarden für Zwecke der Körperschaftsteuer und ca. 560 Milliarden für Zwecke der Gewerbesteuer. Beides sind getrennt zu ermittelnde Steuerarten.

Zweitens: Wie hoch sind die Steuersätze? Antwort: 15% bei der Körperschaftsteuer (lassen wir den Solidaritätszuschlag mal weg) und im Schnitt ca. 14% (3,5% mal 400% Hebesatz) bei der Gewerbesteuer. Daraus ergibt sich ein "Gefahrenvolumen" in Form von Steuerausfällen von ca. 150 Milliarden Euro.

Drittens: Wie hoch sind die Körperschaftsteuereinnahmen in Deutschland? Ein Blick in die Wikipedia genügt: 7,1 Milliarden Euro waren es für 2009. Das ist übrigens weniger als die Einnahmen an Versicherungsteuer (ca. 10 Milliarden Euro) oder Tabaksteuer (ca. 13 Milliarden)...

Viertens: Wie hoch sind die Gewerbesteuereinnahmen? Antwort auch hier dank Wikipedia: 32 Milliarden Euro für 2009.

Damit beträgt also das unmittelbare Risiko für den Bundeshaushalt im Worst case im Vergleich zu 2009 gerade einmal 7 Milliarden Euro.

Und jetzt der Knock-out. Erster Schlag: Wieviele der ominösen Verlustvorträge (übrigens Zahlen aus 2004) hängen in Unternehmen, die wegen Insolvenz oder aus anderen Gründen sie nicht mehr nutzezn können?
Zweiter Schlag: Welcher Anteil ist inzwischen dem verschärften § 8c KStG zum Opfer gefallen?

Liebe Presse, das war ein Schlag ins Wasser. Setzen, Sechs.