Der Steuermann

Als Steuerberater habe ich die Absicht, möglichst qualifizierte, aber dennoch kritische Kommentare zum politischen Geschehen in Deutschland und der Welt abzugeben. Außerdem schreibe ich über alles, was um mich herum passiert und mir gefällt - oder auch nicht!

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Standort: Frankfurt, Germany

Steuerberater bei einer Big-4-Gesellschaft mit langjähriger internationaler Erfahrung. Halb Deutscher, halb Ire.

Donnerstag, Juli 13, 2006

Tolle Propaganda des Finanzministeriums

Mit Pressemeldung vom 5. Juli greift das BMF den Bund der Steuerzahler an und unterstellt ihm, die Unwahrheit zu verbreiten. Angeblich wäre die Steuer- und Abgabenbelastung in Deutschland im internationalen Vergleich doch sehr attraktiv.

Nun sind Vergleiche so eine Sache. Wenn die meisten Leute bis zur Brust im Schlamm stecken, und eine Gruppe aber nur bis zur Hüfte, geht es denen dann wirklich gut? Wäre es nicht besser, gar nicht im Schlamm zu stecken?

Und was die Belastung angeht: Von dem Betrag, den ein Arbeitgeber in Deutschland aufwendet, um einem Arbeitnehmer 3.000 Euro im Monat (Bruttogehalt) zu zahlen, gehen erst einmal gut 300 Euro in die Rentenkasse (weg), weitere 210 Euro in die Krankenkasse (weg) und 100 Euro in die Arbeitslosenversicherung (weg). Weil es so schön ist, zahlt der Arbeitgeber noch einmal so viel in diese Kassen (lassen wir Pflege- und Unfallversicherung mal weg...), das heißt die tatsächlichen Gehaltskosten sind nicht 3.000 Euro, sondern über 3.600 Euro - und davon kommen beim Arbeitnehmer nur 2.400 Euro an, macht 2/3 oder 66%. Jetzt schlägt die Lohnsteuer zu, plus Solidaritätszuschlag, plus Kirchensteuer, macht bei einem Alleinverdiener ohne Frau oder Kinder ca. 540 Euro. Kommen also 1.900 Euro Cash an, während der Arbeitgeber 3.600 Euro aufwenden muss. Ist das nicht toll? Das sind kaum noch 50%.

Und jetzt geht der Spass los. Etwas eingekauft? 16% Mehrwertsteuer (effektiv 13,79% des Preises), ab dem 1. Januar 19%. Getankt? Zusätzlich je Liter 60 Cent Mineralölsteuer. Eine Flasche Sekt? Über einen Euro Sektsteuer.

Und da wagt es das Finanzministerium, den Steuerzahlerbund polemisch anzugehen? Wer im Glashaus sitzt...

http://www.bundesfinanzministerium.de/cln_04/nn_86/DE/Aktuelles/Pressemitteilungen/2006/07/20060507__PM0086.html

Ach ja, und was die Tatsache angeht, dass drei Viertel des Bundeshaushalts für die soziale Sicherung, vor allem Renten und Sozialleistungen verwendet werden - wie soll denn das einmal sein, wenn bei fortschreitender demographischer Verschiebung auf einen Arbeitnehmer deutlich mehr als ein Rentner kommt - zahlen wir dann 35% Mehrwertsteuer?

Schluss mit der Propaganda, das Finanzministerium sollte bei der Sache bleiben!